Eowyn kommt mit Aragorn, Faramir und Tom Bombadil im Schattenbachtal am Spiegelsee an. Während Eowyn den See ausgelassen begrüßt, sind Aragorn und Faramir besorgt, wo Gandalf bleibt. Tom Bombadil aber füttert erst mal seine Ziege.
Was der Elessar in Minas Tirith zu mir sagte
Also übertrieben ist es ja, dass Aragorn kein Wort mit mir wechselt. Immer nur auf den Weg bedacht. Außer kurze Anweisungen, meine Ziege zu zügeln oder, aber, das ist dann wohl Selbstgespräch, was die Wolken oder die Gräser über den Weg ihm sagen.
Mit mir aber, die ich hinter ihm her trabe, wie es mir geht oder welchen Gedanken er nachhängt, spricht er nicht. Vielleicht, ja ganz bestimmt, ist er mit seinem Elessar beschäftigt. Lauschend, ob er noch summt.
Unsinn, er hat ihn ja dem alten Tom in die Hände gegeben. Im alten Wald hoffend, dass dieser ihn, Aragorn, bestärken wird. Dass es ein Valar ist, der im Stein summt und zu ihm sprach, wie dann auch zu mir. Das scheint ihm essenziell zu sein.
Und da hat er ganz sicherlich recht. Sie klang, diese Stimme, wie ich mir einen Valar vorstellen würde. Wenn ich Zeit hätte, darüber nachzudenken. Doch die habe ich ja, stimmt, die habe ich jetzt. Stimmt, wer das war, ob Valar oder nicht Valar, ist wichtig. Aragorn hat recht.
Nur macht der alte Tom es lieber spannend. Er ist ein Spieler, würde ich sagen, wie, wie … nein, mir fällt niemand ein, an den er mich erinnert.
Aber Aragorn und Faramir schienen ihn ernst zu nehmen. Dass er eine Vermutung hätte, sagen sie.
Über die er mit Gandalf noch sprechen wolle und mit Galadriel. Und am besten an einem heiligen Ort. Ja und so kam er wohl auf den Spiegelsee.
Wie, sagte er nicht. Nicht zu mir wenigstens und auch zu Faramir nicht. Nicht einmal zu Aragorn, glaube ich, aber der spricht seit dem Alten Wald nicht nur mit mir so gut wie gar nicht.
Was viel wichtiger ist: Ja, der Elessar hat zu mir gesprochen, zu sonst niemandem. Außer zu Faramir, von Aragorn mal abgesehen. Zu dem natürlich auch, der heißt ja Elessar, König Elessar sogar. Zu Aragorn muss er ja wohl sprechen, wenn er denn spricht.
Aber zu mir eben auch und das wissen die Männer und nicht nur sie, sondern alle, die an diesem Tag in der weißen Stadt waren. Fast bin ich dafür noch berühmter, schätze ich, als für meine große Heldentat in der Schlacht.
Doch dass der Elessar auch mir einen Befehl gab, das weiß niemand. Auch dass er mich ansprach, als wäre ich Luthien, nicht. Außer vielleicht Faramir, obwohl ich es ihm nicht erzählte. Aber Faramir ahnt es vielleicht. Luthien. Wer ist Luthien?
Jemanden musste ich fragen, ob es jemanden gibt, der Luthien heißt und vor langer Zeit lebte. Und damals, vor langer Zeit eben, einen großen Fehler gemacht hat. Denn das hatte der Elessar mir gesagt. Ja, von einem Fehler sprach er, einem großen Fehler.
Faramir erzählte mir also, was er von Luthien und Beren gelesen oder gehört hatte, von Gandalf vor allem wusste er es, wie er sagte.
Dass sie, Luthien und Beren, einen Silmaril für Luthiens Vater erobert hatten und dass beide dabei gestorben waren, aber zurückkehren durften für ein zweites Leben zu zweit und in Ruhe, auf einer Insel in einem Fluss, den es heute nicht mehr gibt.
Aber Fehler? Vielleicht denkt Faramir, der ziemlich viel denkt, glaube ich, ja darüber nach. Er wusste jedenfalls nichts von einem Fehler.
Ankunft im Schattenbachtal
Ach, der Spiegelsee und tatsächlich, wie Aragorn sagte, Sterne über und über, der ganze See. Sogar von hier oben, ein See voller Sterne.
„Eowyn, halt, bleib stehn!“
Doch was kümmert mich, was der Herr Aragorn ruft, hinterher reiten auf seiner Ziege wird er mir nicht, das wäre gefährlich nach seiner Feldherren-Weisheit, er muss alle im Blick und beisammen halten, hah!
„Eowyn, pass auf!“
Siehste, er lässt mich! Gut so! Und klar passe ich auf, was denkt er denn, wer ich bin! Bin ich ein kleines Kind! Bin ich, noch schlimmer, ein kleines Mädchen!
Oh, die Treppe hier rechts, die Treppe hoch nach Khazad Dhum, Aragorn hatte uns aufgemalt auf einem Papier, wie unsre Wege gehen. Habe ich mir anders vorgestellt, dass die Treppe nach unten geht, so sah ich sie nach dem, wie Aragorn den Weg beschrieb. Aber nein, sie führt nach oben, den Berg hinauf, in den Berg hinein.
Stopp, Eowyn, erst zum Spiegelsee! Ich will die erste sein!
Oh nein, meine Beine, sie knicken mir weg, festhalten einen Moment noch an meiner Ziege, Ziege kraulen, Ziege loben, ja, sie hat mich gut getragen, auch den Galopp eben, na klar, ihr hat das Spaß gemacht. Würde mir auch, wenn ich Ziege wäre. Oder vielleicht auch nicht, wenn ich mich dann auch noch tragen müsste auf den Rücken.
Unsinn, so jetzt aber! Hinein in den See!
Wie, was? Ganz ohne Sachen? Nein, das geht nicht. Muss ja auch nicht, nein, schwimmen im See will ich nicht. Nein, ich wollte in das Wasser schauen, ob wirklich nur die Sterne, kein Baum vom Ufer zu sehen sind. Oder vielleicht ja doch mein Spiegelbild?
Funkelnde Sterne, einer neben dem anderen fast! Aber trinken vom Wasser, das klar und sauber riecht, ja trinken, das geht und es schmeckt, das Wasser.
Gut. Es schmeckt köstlich, wir sind angekommen.
Tom, den alle den Meister nennen, foppt Aragorn und Faramir
Dass Gandalf noch nicht hier ist!
Faramir ist besorgt.
Nein, das glaube ich nicht! Er muss schon längst hier sein, lasst uns nach ihm suchen! Rasten können wir später.
Aragorn sitzt noch auf seiner Ziege, ebenso wie Faramir, während der alte Tom gerade, um einiges schneller als ich, von seiner Ziege springt und ihr ein Lied in die Ohren zu singen scheint und frisches Gras vor das Maul hält.
Die beiden Männer, gewöhnt, die Blicke aller auf das Wesentliche auszurichten, oh, ich kenne das, auch ich musste oft genug so handeln, sie scheinen keinen Blick für den See zu haben, für mich sowieso nicht. Und dass meine Ziege schon Blättchen nagt und glücklich ist, interessiert sie nicht. Nicht einmal Faramir.
Aber dass der alte Tom seine Ziege absattelt, das irritiert sie nun doch. Aragorn zumindest:
Oder kannst Du uns schon sagen, Tom, wem die Stimme im Elessar gehört? Du siehst so vergnügt aus. Noch vergnügter als sonst. Das würdest Du nicht, wenn die Elben recht hätten mit ihrem Verdacht.
Und schon ist der alte Meister Tom in seinem Element. Ich dachte mir’s und es wird ja auch Zeit, dass Aragorn und Faramir runterkommen von ihren hohen Rössern – naja Ziegen:
Ja, das kann ich, großer Heerführer und König der Menschen. Doch reite Du nur, nach Gandalf zu schauen, ich denke, er will ebenso dringend wissen wie Du, was es mit dieser Stimme auf sich hat.
Derweil will ich mit Eowyn und Faramir Deinen grünen Stein in den See werfen und schauen, ob er untergeht oder eben nicht.
Und an, ich weiß nicht, wen alles gewandt, mich offenbar auch:
Kommt, meine Freunde, lasst uns den Elessar zum Spiegelsee bringen.
Dazu lacht er fröhlich, was Faramir zumindest, wie auch ich, als Neckerei auffasst, schwups springt er von seiner Ziege und rennt ohne sich um zusehen zum See. Hätte ich nicht gedacht, und Aragorn scheint auch überrascht und mehr noch, irritiert.
Seine feine Ader für Zwischentöne scheint Aragorn regelmäßig abhandenzukommen, wenn es um seinen Elbenstein geht. Würde mir auch so gehen, wenn ich er wäre. Schließlich hat er seinen Königseid auf diesen grünen Stein, der uns alle hier hergeschickt hat, geschworen.
Aber Tom wäre nicht Tom, wenn er den Braten nicht riechen würde, den er da gerade Aragorn aufgetischt hat und beruhigt Aragorn:
Schon gut, schon gut, ich wollte nur sagen, dass der Elessar aufgeregt funkelt. Ich denke, das ist der See.
Oder wir sind nicht allein.
Schallt es vom See herüber. Faramir hat etwas entdeckt. Er winkt uns.
Quellen von „Eowyn reitet ins Schattenbachtal“:
Bildquellen: © Lotro (Herr der Ringe online) / mythos-web.de
Figuren, Items, Orte, Historie © J.R.R. Tolkien
Elessar Geschichten © mythos-web.de