„Leben nach dem Tod“ – ist das ein Mythos oder stimmt es, dass man dann durch einen Tunnel ins Licht kommt und sein ganzes Leben noch einmal erlebt?
Eine der vielen Fragen, die sich angemessen nicht mit Ja oder Nein beantworten lassen. In diesem Fall – nicht mal nur nicht angemessen, sondern gar nicht.
Ein pauschales Ja wäre genauso falsch wie ein pauschales Nein.
Was und ob überhaupt ein Mensch nach seinem Tod etwas erlebt, hängt davon ab, wie er gelebt hat.
Dass einige Menschen, wenn ihr Bewusstsein sich vom biologischen Körper löst, durch einen Tunnel hindurch fliegend – immer heller werdendes Licht wahrnehmen, wird durch Nahtod-erfahrungen beschrieben.
Das halte ich nicht nur für korrekt beschrieben, sondern auch für plausibel:
Die Fähigkeit der Wahrnehmung, auch der bewussten, bezeichenbaren, deutbaren Wahrnehmung ist nicht an den biologischen Körper gebunden.
- Aus Träumen kennen viele Menschen diese Erfahrung, sich in einem anderen Körper oder auch einfach nur – frei und ohne Einschränkungen durch körperliche Beschränkungen bewegen zu können. Fliegen im Traum zum Beispiel – ist für viele ganz normal.
- Noch alltäglicher: Die meisten Menschen können sich, wenn sie sich auf ein künftiges (Vision, Vorstellung) oder vergangenes (Erinnerung) Ereignis konzentrieren, das Ereigis so detailiert und emotional intensiv erleben, als wäre es wirklich.
Kunststück: Es _ist_ wirklich, es wirkt nämlich und wird in das Erfahrungsgedächtnis des Menschen als Realität integriert – auch wenn der biologische Körper, in dem man halt grad steckt, daran nicht beteiligt sein sollte. Glücklicherweise.
Gegenbeispiel: Unter Narkose wird das Bewusstsein (Nervensystem) stillgelegt. Folglich wird das Rumschnippeln am Körper vom Narkotisierten nicht als Wirklichkeit erlebt und auch nicht in seinem Erfahrungsgedächtnis gespeichert.
Nicht einmal das unbewusste Erleben bekommt etwas davon mit, denn auch das Unbewusste wird durch das Nervensystem aufgebaut. Ebenfalls glücklicherweise vermutlich.
Ähnlich übrigens die tagtägliche Arbeit der Leber oder der Nieren, des Nervensystems etc …. Der Körper tut sie – aber mensch bekommt in der Regel davon nichts mit und setzt auch seine Aufmerksamkeits-Ressourcen nicht dafür ein, das Geschehen bewusst zu erleben.
Er könnte es, wenn er wollte, tut es in der Regel nicht. Es interessiert ihn nicht. Der Körper macht seine Arbeit ganz ohne Zutun des Bewusstseins.
Der Unterschied zur Narkose: Die Arbeit des Körpers geht, auch wenn sie sinnvollerweise vom Bewusstsein ignoriert wird – dank Nervensystem – in das Erfahrungsgedächtnis ein.
Ein Leben nach dem Tod erlebt das Ich (oder Selbst) – nicht der biologische Körper
Was der Mensch als „Ich“ oder als „sich selbst“ erlebt, ist nicht sein biologischer Körper – selbst bei sehr körperbewussten Menschen wie Sportlern und Models nicht.
Als „Ich“ erlebt mensch seine Wahrnehmung (oder technischer: Schnittpunkt) all dessen, was er getan hat, gerade tut und zu tun vorhat.
Das Zentrum dieser Wahrnehmung des eigenen Tuns verändert, wandelt sich unablässig – es lässt sich zum Beispiel als der jeweils aktuelle Aufmerksamkeits-Fokus eines Menschen beschreiben.
Worauf dieser Fokus sich auch immer richten mag – er hat die Tendenz, sich mit dem, was dank Aufmerksamkeit ins Bewusstsein dieses Menschen kommt, so intensiv zu identifizieren, dass er mit dem Wahrgenommenen verschmilzt.
Zeitweilig freilich, eine irreversible Verschmelzung wäre sein Ende.
Denn er – ist: – Flexiblität: Die Fähigkeit des Menschen, Perspektiven radikal und zeitlos schnell zu wechseln. Und so übrigens auch gänzlich neue zu erschaffen. In religiöser Terminologie übrigens „Geist“ genannt.
In gut konzentrierten Meditationen treten regelmäßig solche Phänomene auf. Auch hier löst sich das Bewusstsein aus seiner Verschmelzung mit dem biologischen Körper.
Das Phänomen, entscheidende, besonders intensive, oft lang vergessene Situationen seines Lebens wie in einem schnell ablaufenden Film zu durchleben, begleitet diesen Tunnelflug manchmal.
Auch das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Es tritt allerdings auch in anderen – emotional hochbrisanten – Situationen auf.
Leben nach dem Tod – ist das, muss das so sein ?
Was ein Mensch nach seinem Tod erlebt, hängt davon ab,
- wie er sein Erfahrungsgedächtnis strukturiert hat – also davon, welche Erfahrungen er gemacht hat, ihm vertraut, annehmbar sind – ohne dass er in Panik ausbricht.
Komplett neue Situationen, die zu den bisherigen Erfahrungen eines Menschen nich passen oder oder solche die mit „Gefahr!“ verbunden wurden, lassen sich nicht integrieren. Das ganze System bricht in Panik aus – erstarrt, flieht oder löst sich sofort auf.
- Da ein Mensch aber unmöglich alle nur denkbaren und gar noch undenkbaren möglichen Erfahrungen sicherheitshalber machen kann, muss er in erster Linie, mit Panik: oder allgemeiner: einem plötzlichen Adrenalin-Schub umzugehen – ohne den Kopf zu verlieren und handlungsunfähig zu werden.
Und das kann man lernen.
Panik ist – konnte man wohl ganz gut sagen – die große Prüfung zum Abschluss des biologischen Lebens.
In in vielen Mythologien wurde denn auch – sehr treffend – das Herz eines Menschen geprüft.
Im ägyptischen Totengericht insbesondere wurde nach dem Tod das Herz des Verstorbenen auf die Waage gelegt und mit der Feder der Ma’at gewogen.
War das Herz des Verstorbenenschwerer, wurde es augenblicklich gefressen.
War es hingegen leichter als die Feder – wurde er in den Kreis der Götter aufgenommen.