Der Mythos der Zukunft

Von Eowyn

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Mythos der Zukunft
Mythos der Zukunft

Philosophie versteht sich selbst als die aufgeklärte Überwindung von Mythen und Götter Welten.

Ein schon an der Wurzel einsetzendes Miss-Verstehen des Mythos und seiner Götter. Der Mythos will Leben nicht erklären. Er zeigt es. Den Menschen(gemeinschaften), mit denen er erstanden ist. Menschen in überschaubaren, Gemeinschaften, deren Welt noch nicht durch den Kosmos sauste.

Nietzsche hat das  Wort von einem Mythos der Zukunft ins Gespräch und also in die Welt gebracht. Camphell  das Wort von einen Mythos der ganzen Erde.


Fast alle Philosophien und auch der Mythos versuchen,  Wandel und Werden des Lebens in der Welt, die mensch erlebt, umfassend zu deuten.

In der Absicht, Sinn und Orientierung zu gewinnen.

  • für das Zusammenleben von Menschen miteinander
  • für das Zusammenleben mit den Mächten der Natur

Sie tun dies mit unterschiedlichen Mitteln.

Philosophie erklärt die Welt

Philosophien versuchen, die komplexen Zusammenhänge des menschlichen Lebens zu erklären und argumentativ zu begründen. Meist lassen sich Philosophien bestimmten Personen zurechnen – Philosophen halt.

Charakteristisch für Philosophen, schon bei den ersten – griechischen Naturphilosophen – erkennbar: Sie versuchen, die Zusammenhänge des Lebens auf
jeweils ein Grundprinzip, einen Schöpfungsursprung, letztlich immer auf eine intelligente (zumindest intelligible) Instanz zurückzuführen:

  • Erde, Wasser, Luft oder Feuer
  • die absolute Idee
  • das Sein

Es wird immer abstrakter und die Erklärungen zwangsläufig komplizierter. Das führt zu einem Weltbild, das von einer – alles überblickenden – Zentralinstanz aus überblickbar und lenkbar wäre. Der Schritt zu Religionen, die die Lücke zur praktischen Handlungsorientierung füllen muss, ist dann nur noch ein kleiner Schritt.

Mythen und Götter - die ägyptische Göttin Ma'at
Mythen und Götter – die ägyptische Göttin Ma’at

Mythen zeigen das menschliche Ringen mit dem Leben

Mythologien deuten die Zusammenhänge des Lebens, indem sie zeigen, wie und wodurch letztlich Menschen ihr Leben überhaupt bewältigen können. Mit welchen hilfreichen Kräften und bedrohlichen Gewalten sie es dabei zu tun bekommen.

Woran sie scheitern, unter welchen Umständen ihnen Überleben gelingen kann. Was sie dafür tun müssen. Tragische Irrwege und großartige Helden.

Sie deuten ihr Ringen mit dem Leben in Gleichnissen – durch sinnlich anschauliche Bilder (Sprache, Musik, visuelle Bilder).

Werden diese sinnlichen Gleichnisse auf vor-philosophische Welt-Erklärungen reduziert, lassen sie sich natürlich leicht als naiv oder lückenhaft – eben als erst vor-philosophisches Denken – bezeichnen, analysieren -und abwerten.

Doch zielen Mythen nicht auf – distanzierte – Erklärungen, sondern auf Handlungsfähigkeit von Menschen inmitten eines weitgehend undurchschaubaren Zusammenspiels einander widerstrebender oder auch zusammenwirkender Naturkräfte.

Als besonders erfolgreich – über 3 Jahrtausende die Handlungsfähigkeit einer bemerkenswert friedlichen Kultur sichernd – hat sich die mythische Weltdeutung der alten Ägypter erwiesen.

Menschen und Götter bekriegten einander nicht, sondern sorgten gemeinsam dafür, die Welt in Gang zu halten. Gemeinsam dafür zu sorgen zum Beispiel, dass die Sonne jeden Morgen aufgeht – und ihre allnächtlich gefährliche Fahrt durch das Meer des Chaos unbeschadet übersteht.

Wie naiv, kommentieren dies mitunter Philosophen. Doch lebten die alten Ägypter noch in der Erfahrung, dass und auch in etwa wie alles mit allem zusammenhängt. Dass z.B. der tägliche Wechsel von Licht und Dunkelheit nicht nur Himmel und Erde beschreibt, sondern auch den Rhythmus von „Zuständen“, in denen Menschen sich selbst erleben.

Indem sie sich am Gesetz der Göttin Ma’at (Aufeinander hören, zueinander sprechen, füreinander handeln) – orientierten.

Mythen und Götter; Isis und Nefertari
Mythen und Götter; Isis und Nefertari

Der Mythos, die Philosophie, die Wissenschaft und die Kunst

Der Mythos wie die Philosophie haben eine gemeinsame Vergangenheit, beide

  • sind darauf aus, die Welt, wie Menschen sie erleben als Ganzes zu deuten
    • – die Philosophie durch Erklärungen – aus einer distanzierten Perspektive, die „alles“ erfasst.
    • der Mythos, indem er typische existentielle Situationen des Menschen zeigt und den Zuhörer / Zuschauer in sie hineinführt, sodass sie ihn persönlich betreffen.
  • sind nicht (oder nicht mehr) in der Lage, ihre Aufgabe, Menschen verlässliche Handlungsorientierung für ihr Leben zu vermitteln, zu erfüllen.
    • die Philosophie, weil sie von einer – bestreitbaren – Zentralperspektive ausgeht, die man zudem nur in Distanz zu seinem tatsächlichen Leben einnehmen und daher in der Regel nicht mal verstehen kann.
    • der Mythos, da er zwar die Welt als Ganzes zeigt, aber von einer regional z.T. höchst beschränkten Erfahrung von Welt ausgegangen ist. Die nicht mehr überzeugend ist, wenn diese Welt „größer“ wird.
  • wurden von den großen Weltreligionen zu Häppchen verwurstet, die als alleinseeligmachende Speise verordnet werden konnten.
  • meiden (oder werden nicht zusammengedacht) mit exakten, auf Präzision zielenden wissenschaftlichen Methoden.

Und der Ausblick: Der Mythos wie die Philosophie könnten eine gemeinsame Vergangenheit, sie

  • könnten sich – zusammen, einander ergänzend, zu einer Alternative für die nun schwächer werdenden Religionen mausern, sobald sie ihre Wasserscheu vor den klärenden Fragen der Wissenschaft überwinden.
  • täten gut daran, könntes sie doch mit Hilfe präziser Fragen an sich selbst ihre Kernkompetenz deutlich herausschälen.
  • treffen sich in dem, was wir heute Kunst nennen, deren Job ebenfalls das Abliefern von (und zwar alternativen, bislang „unerhörten“)  Weltbeschreibungen ist.
  • Tragfähige Weltbeschreibungen kommen dabei aber erst raus, wenn Kunst aus dem Vollen funkelnder Edelsteine wird schöpfen können.

Die berühmteste Demonstration, dass und auch schon mit welchen Mitteln Kunst in der Lage ist, eine – ganz andere, alternative – Welt zu beschreiben, könnte das Buch, der Film und auch das MMO (Online-Rollenspiel) „Herr der Ringe“ sein.

Eine etwas andere als die uns bekannte und durchaus auch alternative Welt haben da Tolkien, Peter Jackson bzw. Steven S. Long und ihre Teams erschaffen, die Millionen Menschen – auch mich – so faszinieren, dass sie diese Welt als real akzeptieren: Gegenden und Regeln erforschen, sich in Kämpfe stürzen, die Gefährten unterstützen, sich verbünden, Häuser einrichten … Monatalang oder gar Jahre lang – Tag für Tag oder auch Abend für Abend etc.

An Gemeinsamkeiten von Philosophie und Mythos hätt ich anzubieten:

Beide

sind darauf aus, die Welt, wie Menschen sie erleben als Ganzes zu deuten –
– die Philosophie durch Erklärungen – aus einer distanzierten Perspektive, die

„alles“ erfasst.
– der Mythos, indem er typische existentielle Situationen des Menschen zeigt

und den Zuhörer / Zuschauer in sie hineinführt, sodass sie ihn persönlich

betreffen.

sind nicht (oder nicht mehr) in der Lage, ihre Aufgabe, Menschen verlässliche

Handlungsorientierung für ihr Leben zu vermitteln, zu erfüllen.
– die Philosophie, weil sie von einer – bestreitbaren – Zentralperspektive

ausgeht, die man zudem nur in Distanz zu seinem tatsächlichen Leben einnehmen

und daher in der Regel nicht mal verstehen kann.
– der Mythos, da er zwar die Welt als Ganzes zeigt, aber von einer regional

z.T. höchst beschränkten Erfahrung von Welt ausgegangen ist. Die nicht mehr

überzeugend ist, wenn diese Welt „größer“ wird.

wurden von den großen Weltreligionen zu Häppchen verwurstet, die als

alleinseeligmachende Speise verordnet werden konnten.

meiden (oder werden nicht zusammengedacht) mit exakten, auf Präzision zielenden

wissenschaftlichen Methoden. Täten aber gut daran – um ihre Kernkompetenz

deutlich herauszuschälen.

könnten sich – zusammen, einander ergänzend, zu einer Alternative für die nun

schwächer werdenden Religionen mausern, sobald sie ihre Wasserscheu vor den

klärenden Fragen der Wissenschaft überwinden.

treffen sich in dem, was wir heute Kunst nennen, deren Job ebenfalls das

Abliefern von (und zwar alternativen, bislang „unerhörten“)  Weltbeschreibungen

ist. Tragfähige Weltbeschreibungen kommen dabei aber erst raus, wenn Kunst aus

dem Vollen funkelnder Edelsteine wird schöpfen können.

Quellen der Zitate (falls markiert):

* Zitate aus dem Buch von Tolkien: Der Herr der Ringe, Übersetzung von Krege
** Zitate aus dem Buch von Tolkien: Der Herr der Ringe, Übersetzung von Carroux
*** Zitate aus dem Film von Peter Jackson: Der Herr der Ringe


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